Karfreitag 2020

Der Karfreitag ist der Gedächtnistag des Todes Jesu. Daher feiert die Kirche heute keine Eucharistiefeier. Tiefe Trauer liegt über dem ganzen Raum; alle Lichter sind verloschen, der Altar entblößt, ohne Kreuz, ohne Leuchter, der Tabernakel offen und leer. Wir feiern den Karfreitag, weil wir fest daran glauben, dass Jesus den Tod besiegt hat und er für uns das Tor zum ewigen Leben ist.

 

Die Liturgie des Karfreitags besteht aus drei Teilen: Wortgottesdienst, die Verehrung des Kreuzes und  die Feier der Hl. Kommunion.

Im Zentrum des Wortgottesdienstes steht die Leidensgeschichte Jesu.

In den anschließenden großen Fürbitten verbinden wir unsere Anliegen mit den großen Sorgen und Nöten dieser Zeit.

 

Zusätzliche Fürbitte von der vatikanischen Kongregation

"Lasst uns beten für alle Menschen, die in diesen Wochen schwer erkrankt sind; für alle, die in Angst leben und füreinander Sorge tragen; für alle, die sich in Medizin und in Pflege um kranke Menschen kümmern; für die Forschenden, die nach Schutz und Heilmitteln suchen, und für alle, die Entscheidungen treffen müssen und im Einsatz sind für die Gesellschaft, aber auch für die vielen, die der Tod aus dem Leben gerissen hat." 

"Allmächtiger, ewiger Gott, du bist uns Zuflucht und Stärke; viele Generationen haben dich als mächtig erfahren, als Helfer in allen Nöten. Steh allen bei, die von dieser Krise betroffen sind, und stärke in uns den Glauben, dass du alle Menschen in deinen guten Händen hältst. Die Verstorbenen aber nimm auf in dein Reich, wo sie bei dir geborgen sind. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn."

Aus dem Heiligen Evangelium nach Johannes

Pilatus setzte sich auf den Richterstuhl an dem Platz, der Lithostrotos, auf Hebräisch Gabbata, heißt. Pilatus sagte zu den Juden: Da ist euer König! Sie aber schrien: Weg mit ihm, kreuzige ihn! Pilatus, aber sagte zu ihnen: Euren König soll ich kreuzigen? Die Hohenpriester antworteten: Wir haben keinen König außer dem Kaiser. Da lieferte er ihnen Jesus aus, damit er gekreuzigt würde. Sie übernahmen Jesus. Er trug sein Kreuz und ging hinaus zur so genannten Schädelhöhe, die auf Hebräisch Golgota heißt. Dort kreuzigten sie ihn und mit ihm zwei andere, auf jeder Seite einen, in der Mitte Jesus.  Pilatus ließ auch ein Schild anfertigen und oben am Kreuz befestigen; die Inschrift lautete: Jesus von Nazaret, der König der Juden.

Bei dem Kreuz Jesu standen seine Mutter und die Schwester seiner Mutter, Maria, die Frau des Klopas, und Maria von Magdala. Als Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er liebte, sagte er zu seiner Mutter: Frau, siehe, dein Sohn! Dann sagte er zu dem Jünger: Siehe, deine Mutter!

Und von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.

Danach, als Jesus wusste, dass nun alles vollbracht war, sagte er, damit sich die Schrift erfüllte: Mich dürstet. Ein Gefäß mit Essig stand da. Sie steckten einen Schwamm mit Essig auf einen Ysopzweig und hielten ihn an seinen Mund. Als Jesus von dem Essig genommen hatte, sprach er:

Es ist vollbracht! Und er neigte das Haupt und gab seinen Geist auf.

Evangelium unseres Herrn Jesus Christus

 

Wo ist Gott.

Der Gottesdienst am Karfreitag ist geprägt vom Gedächtnis des Kreuzestodes Jesu Christi. Tod! Für uns gegenwärtigen Menschen zählt, Gesundheit, Kraft, Leben. Wer will vom Tod etwas erfahren, vom Tod etwas hören? Wir wollen über Tod nicht sprechen, überhaupt nicht sehen. Unsere Angehörige sterben meistens in Krankenhäusern. Tod! Unangenehmes Thema.

 

Und plötzlich sind wir konfrontiert mit tausenden Todesfällen. Auch bei uns in Österreich, aber was sagen wir über das, was in Italien oder Spanien passiert ist oder in der USA? Tausende Särge liegen in der Kirche, weil nur dort noch Platz ist. Tod ist überall. Plötzlich im Radio, im Fernseher hören wir und sehen wir zu viel Tod.

 

Soll uns diese Situation nicht nachdenklich machen? Wir Meschen haben gedacht, wir sind Sieger, wir sind Herrscher über das Leben, uns kann nichts passieren. Alles Unangenehme auf die Seite schieben, und das Leben genießen, genießen, genießen. 

 

Und jetzt steht der Tod vor uns. Niemand kann sicher sein, dass ihm oder jemandem aus seiner Familie nichts passiert. Noch einmal diese Frage:  Soll uns diese Situation nicht nachdenklich machen? Ganz besonders heute am Karfreitag? Wir sind doch sterbliche Menschen?

 

Wenn wir so viel Leid, Schmerzen und Tod sehen, können wir aber eine schwierige Frage stellen: Und zwar: wo ist Gott in dieser ganzen Situation? Wo ist er?

 

Elie Wiesel jüdischer Schriftsteller und Friedennobelpreisträger als Überlebender des Holocausts verfasste viele Romane. In einer Geschichte, die im Konzentrationslager in Auschwitz passierte, schreibt er: 

Die SS erhängte zwei jüdische Männer und einen Jungen vor der versammelten Lagermannschaft. Die Männer starben rasch, der Todeskampf des Jungen dauerte eine halbe Stunde. „Wo ist Gott“, „Wo ist er?“ fragte einer hinter mir. Und ich hörte eine Stimme in mir antworten: „Wo er ist?“ Hier ist er. Er hängt dort am Galgen.

 

Wo ist Gott in dieser Coronaviruszeit?

Er ist da. Als infizierte liegt er im tausenden Betten in Kranken-häusern, mit oder ohne Respirator. Er ist da, bei den allein sterbenden, weil sich von der Familie niemand melden konnte. Er ist da, bei den Ärzten und Krankenschwestern, die sich bemühen Kranken Hilfe zu bringen und ihr Leid zu mindern. Er ist da, bei den Kindern, die sich per Handy bei der sterbenden Mutter oder bei dem sterbenden Vater verabschieden, weil persönlich sie das nicht machen können. Er ist da, bei den Eltern, die um ihr gestorbenes Kind weinen. Er ist da.

 

Das ist die tröstende Botschaft, die wir dem leidenden Welt als Christen bringen können: In allem Leid und allen Ängsten, die uns befallen, lässt uns der Gekreuzigte Christus nicht allein. Er ging für uns seinen Kreuzweg bis in die tiefste Erniedrigung, bis in den Tod.

 

Im Kreuz stellt er sich auf unsere Seite. In ihm erweist er sich mit uns, mit unserem Leben, mit unserem Leid und Sterben solidarisch.